Wer Google ignoriert, verliert.
von Michael Zachrau
tl;dr; Lesezeit etwa 10 min.
Auch ohne SEO-Kenntnisse lassen sich durch die Anwendung simpler, journalistischer Methoden Leser für einen Blog gewinnen. Wer auf höhere und höchste Sichtbarkeit und damit Reichweitengewinn bei der Google-Suche aus ist, vermeidet dabei typische Anfänger-Fehler, die Google-Traffic kosten.
Nachfolgend die aktuelle Liste der 7 unverzeihlichen, weil leicht vermeidbaren Fehler.
1. Über Überschriften – Wieso Gliederung?
Viele Blog-Artikel weisen keine klare Gliederung auf.
Eine (genau eine) Hauptüberschrift (Header), die
a) einen flüchtigen Leser vom Stuhl reisst oder
b) Lächeln lässt, oder
c) anzieht, oder
d) anspricht, oder wenigstens
e) irgendwie das Thema X aus einer neuen, ungewohnten Perspektive Y anreißt, oder
f) neugierig macht,
ist wahrscheinlich zu viel vom Lohnschreiber heutigen Zuschnitts erwartet.
Aber wir machen doch den Unterschied, nicht wahr?
Zumindest die Existenz dieser EINEN Hauptüberschrift (H1) darf der Google-Bot erwarten und vielleicht für den Leser auch noch eine Prise aus a-f.
2. Links oder was ist eigentlich das Besondere am WWW?
Erstaunlich viele Blog-Artikel enthalten keinen einzigen Link, weder intern noch extern. Was wollen uns die Webmaster und Web-Redakteure dieser jungfräulichen Artikel damit sagen?
Wie wärs mit: Mein Artikel hat nichts mit dem Rest dieser Website zu tun und Quellen anzugeben, finde ich total uncool.
Oder auch: Links machen meinen Text unruhig, das empfinde ich ästhetisch als Zumutung.
Aha, dann träum mal weiter von der guten alten Print-Zeit, da gab es diese lästigen Links noch nicht…😩
Wenn wir uns in einer stillen Minute erst mal kurz erinnern, dass das Web, unser heiliges Internet vor allem aus einer sehr großen Anzahl an VERKNÜPFTEN Seiten (Text- und Grafik-Dokumenten etc.) besteht und die VERKNÜPFUNG oder auch VERLINKUNG, die Referenzierung, der Hyperlink namensgebend Pate stand bei HTML, der Sprache des Webs (Hypertext Markup Language) und gerade dies die distanzlose Vernetzung ausmacht.
Über die Persistenz von Links schreibt der Erfinder des Webs, Sir Tim Berners Lee:
„Cool URLs don’t change“
und weiter
„It is the the duty of a Webmaster to allocate URLs which you will be able to stand by in 2 years, in 20 years, in 200 years. This needs thought, and organization, and commitment.“
Weil Links so essentiell sind, dürfen sie natürlich nicht vollkommen fehlen.
Sonst sind wir vernetzungs-technisch wieder bei den Beschränktheiten von Print-Medien angelangt 🧐.
Es gilt also den angeborenen Linkgeiz (sicher kein rein deutsches Phänomen) zu überwinden und seinen Artikel mit Links auszustatten. Wobei natürlich weniger mehr ist, d.h. mehr als 4-5 interne und 2-3 externe Links muss ein Artikel selten haben.
3. Keywords – WTF is WDF?
Die Großmeister der Bloggerei sind sich sicherlich einig, dass eine Keyword-Strategie oder Keyword-Analysen völlig überflüssig und outdated sind. Viele halten SEO für unnötig und zeitraubend, bzw. lässliches Blendwerk – womit sie sogar meistens Recht haben, denn das Halbwissen der Amateure treibt herrliche Sumpfblüten. Gerade im Umgang mit den Keywords wird deutlich, wie niedrig die Halbwertzeit von SEO-Wissen ist.
Während es wirklich noch eine Steinzeit-Fraktion gibt, die sogar die Meta-Tags Keywords noch ausfüllt, obwohl diese „Strategie“ spätestens seit 2004 eher kontraproduktiv war und Google längst deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dies nicht auszuwerten, werkelt noch die Mittelalter-Fraktion an der Keyword-Dichte und versucht, nicht beim Keyword-Stuffing erwischt zu werden. Da werden munter Landing-Pages für bestimmte Keywords gebaut und es wird ernsthaft angenommen, dass Google dies irgendwann wieder belohnt. Pustekuchen.
Die Avantgarde ist unterdessen damit beschäftigt die „Within Document Frequency“ der Peer-Domains im Ranking Benchmark der Keywords zu optimieren. Hier fallen dann bei der WDF-Analyse einer URL genau die Worte auf, die im Text erfolgreicherer (sichtbarerer) URLs vorkommen.
Da kann dann schon mal eine SEO-Suite wie ryte oder Searchmetrics Keywords finden, die eigentlich ein must sind.
Wer also zu einem bestimmten Keyword gerne mit seiner URL ganz vorne ranken möchte, sollte tunlichst diesen Begriff und die semantischen Nachbarn, die wichtigsten Assoziationen und Fragen zu diesem Begriff kennen und verarbeiten, ganz so wie die relevantesten Wettbewerber es vormachen.
4. Eye Candy – Info-Grafiken, Bilder, Videos
Eine der unauffälligsten, aber gefährlichsten Todsünden ist es wohl, zu langweilen. Gelangweilte Besucher kommen nicht mehr wieder.
Womit langweilt eine Seite:
Text, Text , Text. Selbst die alte Tante NZZ im Jahre 2009 und kurz vorher schon die FAZ haben Ihre Frontpage mit einem aussagefähigen Bild ausgestattet und die „Bleiwüste“ damit erträglicher gemacht. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ hatte einen nicht unmaßgeblichen Teil seines Starterfolges seiner Multimedialität zu verdanken, die den Spiegel ziemlich unattraktiv aussehen ließ.
Dazu gehören aussagefähige Bildunterschriften und sprechende Bildnamen, sowie eine kurze Bildbeschreibung im ALT-Tag, mit und ohne Haupt-Keyword (s.o.) dies vernachlässigen heute noch Legionen von Schreiberlingen und daher birgt dies ein erhebliches Potenzial.
5. Noch mehr Langeweile
Eigentlich sollte ja, wer nichts (Neues) zu sagen oder Interessantes zu erzählen hat, besser schweigen. Und lieber handeln. Oder mal ausschlafen.
Wer aber dennoch schreibt, (weil er muss?) sollte zumindest versuchen, nicht auch noch Belanglosigkeiten und Wiedergekäutes besonders uninspiriert und langweilig zu präsentieren.
Mit etwas Authentizität und/oder schwungvoller Schreibe, mit etwas Humor, ungewöhnlichen kreativen Formulierungen gelingt es auch alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen.
Wenn allerdings immer nur von „man“ die Rede ist und die abgedroschene und distanzierte Marketing-Sprache des vergangenen Jahrhunderts aufgefahren wird, werden viele Leser bereits nach wenigen Zeilen abspringen.
Überrascht die Leser und fesselt sie gleich am Anfang des Artikels – seid ungewöhnlich!
6. Keine Zusammenfasssung
Natürlich ist das Summary ein Spoiler und ich verderbe die Überraschung, aber viele Leser wollen von einem kleinen Teaser gelockt werden, der Sie informiert, was sie zu erwarten haben. So verkaufen sich Bücher und Filme, das funktioniert auch bei Blogs sehr gut. Und die ganz eiligen wollen einfach einschätzen, ob es sich für sie lohnt und wofür sie die Minuten verwenden, die sie das Lesen des Beitrages kosten wird.
Die Abkürzung „tldr“ vor den 3 Summary-Zeilen oben steht für: too long; didn’t read.
Natürlich wieder eine Gelegenheit den Text mit (sinnvollen) Keywords zu dotieren, was denn sonst…;-)
7. Kürze ist nicht Würze sondern zu wenig
Ja, wenn es auf einem Poster oder einem Powerpoint-Slide wenig Worte gibt, hat der Autor wohl etwas verstanden von Werbung und Präsentation. Aber wir, hallo, sind jetzt bei den Blogs – und das heißt in erster Linie Text. Hier werden Geschichten erzählt, Meinungen begründet, Essayistische Kommentare zu aktuellen Fragen abgegeben, wichtige Denkanstösse fundiert usw.
Und ja, es soll kein Roman werden.
Aber 30 hingerotzte Zeilen mit einem mittel-coolen Allerwelts-Bild von Stockphoto ist zu wenig.
Mehr Mühe darf es schon sein. Je nach Thema sollte sich der Autor an den besten seines Fachs orientieren. Wenn diese 1.200 Worte brauchen und 12 selbsterstellte Grafiken, sowie 6 Klasse-Fotos und 1 YouTube-Video ist der Ansatz „mit 300 Worten und einmal Fotolia“ dagegenzuhalten, mit großer Sicherheit zum Scheitern verurteilt.